Niedriges Phospholipid-assoziiertes Cholelithiasis-Syndrom (LPAC)

Metabolic, Biliary Atresia & Related Diseases

Beschreibung

© Verein albi www.albi-france.org h2. LPAC-Syndrom verstehen Das LPAC-Syndrom ist eine genetische Veranlagung für die Bildung von Gallensteinen innerhalb und außerhalb der Leber. Es manifestiert sich durch phasenweise intensive Bauchschmerzen in der Leberregion, verbunden mit der Anwesenheit und/oder Wanderung von Gallensteinen. Die Behandlung basiert auf der täglichen Einnahme von Ursodeoxycholsäure und erfordert eine gemeinsame medizinische Überwachung durch den behandelnden Arzt und den Gastroenterologen. h3. Um diese Krankheit zu verstehen, hier ein paar grundlegende Vorstellungen über die Funktion der Leber: lpac_graphic_en_1.gif Die Leber produziert kontinuierlich die Gallenflüssigkeit (Galle). Diese grünliche Flüssigkeit hat zwei Hauptrollen: 1. Sie verdaut die Fette in unserer Nahrung in den ersten Abschnitten des Dünndarms (Zwölffingerdarm, Duodenum), 2. Sie sorgt dafür, dass Giftstoffe aus dem Stoffwechsel eliminiert werden, indem sie in den Verdauungstrakt abgegeben und mit dem Stuhlgang ausgeschieden werden. Die Gallenflüssigkeit wird in der Gallenblase vorübergehend gespeichert. Die Nahrungsaufnahme regt die Gallenblase an, sich zusammenzuziehen und ihren Inhalt in den Dünndarm zu entleeren. Unter bestimmten Bedingungen fällt Galle in Form von Steinen aus, es bilden sich sogenannte Gallensteine. Insbesondere in der Gallenblase kommt der Gallefluss zum Stoppen, so dass sich hier bevorzugt Steine bilden. Die Gallensteinbildung (Cholelithiasis) ist sehr häufig: Experten schätzen, dass mindestens eine von fünf Personen Gallenblasensteine hat und dass bis zu 60 Prozent der Menschen über 80 Jahre Gallensteine aufweisen. In 80 Prozent der Fälle sind diese Steine vom Typ „Cholesterin“, das heißt fast ausschließlich aus kristallisiertem Cholesterin zusammengesetzt. Daher begünstigen alle Situationen, die zu einem Anstieg des Cholesterinspiegels im Blut und folglich des Gallencholesterins führen, das Auftreten von Steinen: • Alter (höchstens 60-70 Jahre alt);Frauen, insbesondere während der Schwangerschaft (Rolle von Östrogenen),Übergewicht und erhebliche Gewichtsschwankungen;bestimmte Medikamente (insbesondere die Pille zur Empfängnisverhütung). In den meisten Fällen ist es nicht alarmierend, einen oder mehrere Gallensteine zu haben, und sie können das ganze Leben lang asymptomatisch bleiben, ohne zu Beschwerden zu führen. Aber 20 Prozent der Patienten mit Gallensteinen erleiden Komplikationen. Es können im Wesentlichen vier verschiedene Arten von Komplikationen auftreten:Leberkolik: intensive, aber kurzlebige Schmerzen im Bereich der Leber (unter den Rippen rechts), die auftreten, wenn ein oder mehrere Steine in den Gallengängen wandern. Der Schmerz wird oft von vorübergehenden Störungen der Leber begleitet, was sich in erhöhten Leberwerten bei der Blutentnahme äußert. • Cholezystitis: Entzündung der Gallenblase durch „Irritation“ der Gallenblase durch das Vorhandensein von Gallegrieß oder durch Blockierung des Zystikuskanals (Gallenweg zwischen der Gallenblase und dem gemeinsamen Gallengang, der von der Leber in den Dünndarm führt). Die Behandlung der Cholezystitis basiert in der Regel auf Antibiotika sowie einer operativen Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie). • Entzündung der Gallenwege/bakterielle Cholangitis: Entzündung bis hin zur Infektion der Gallenwege, am häufigsten sekundär nach Wanderung und Blockade eines Steins am Ende des Gallengangs im Darm. Die Gallenflüssigkeit staut sich vor dem Abflusshindernis und verursacht Schmerzen, Gelbsucht und Fieber. Die Behandlung basiert auf Antibiotika und Entfernung des Steins, obwohl in den meisten Fällen der Stein von selbst in den Dünndarm weiterwandert und mit dem Stuhlgang ausgeschieden wird • Akute Pankreatitis: Die Blockade des Bauchspeicheldrüsenkanals durch einen Gallenstein führt zu einem Aufstau von Pankreassekret, was eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse verursachen kann. Jedem Patienten, der jemals eine Steinkomplikation hatte, wird eine Cholezystektomie-Operation (Entfernung der Gallenblase) empfohlen, um das Steinreservoir zu entfernen und den Patienten vor weiteren Komplikationen durch Gallensteine zu schützen. Es ist möglich, ohne Gallenblase zu leben. Die Gallenblase wirkt nur als Reservoir der Gallenflüssigkeit für die Verdauung sehr großer, fettreicher Mahlzeiten. Die Leber setzt ihre Gallenproduktion nach Entfernung der Gallenblase unverändert fort. h2. Was passiert genau beim LPAC (Niedriges Phospholipid-assoziiertes Cholelithiasis) Syndrom? Beim LPAC-Syndrom kommt es zur Bildung zahlreicher Gallensteine aufgrund einer genetischen Veranlagung. Diese manifestieren sich als plötzliche Schmerzen im Leberbereich. Die Erkrankung betrifft vor allem junge Frauen. Die Steine sind von einer anderen Zusammensetzung wie diejenigen, die sich häufig in der Gallenblase bilden, und ihre Entfernung bei LPAC-Patienten ist unnötig. Ursodeoxycholsäure ist eine wirksame Behandlung. Das LPAC-Syndrom ist eine seltene und erst kürzlich entdeckte Krankheit und ihre Diagnose ist oft schwierig zu stellen. Was ist das? LPAC-Syndrom ist eine genetische Veranlagung für die Bildung von intra- und extra-hepatischen Gallensteinen, aufgrund einer Anomalie in der molekularen Zusammensetzung der Galle. Wie oben beschrieben liegt das Problem bei der „klassischen“ Gallensteinbildung in der Zusammensetzung der Gallenflüssigkeit, da diese zu reich an Cholesterin ist, was die Steinbildung fördert. Beim LPAC-Syndrom hat die Galle eine normale Cholesterinzusammensetzung, aber die Phospholipide in der Gallenflüssigkeit sind vermindert (daher der Name Low-phospholipid). Diese Moleküle sorgen dafür, dass sich Cholesterin in der Galle auflöst. In ihrer Abwesenheit kristallisiert Cholesterin und es kommt zur Cholesterinsteinbildung. Eine der genetischen Mutationen, die im Zusammenhang mit dem Fehlen oder dem verminderten Gehalt von Phospholipiden in der Galle identifiziert wurden, ist die des ABCB4-Gens. Dieses Gen kodiert für MDR3, einen Phospholipid-Transporter an der Gallenkanalwand. Diese Mutation ist bei 30 bis 50 Prozent der Patienten vorhanden. Das Kristallieren von Cholesterin im ganzen Gallenbaum induziert die Bildung von zahlreichen Steinen, sowohl in der Gallenblase, aber auch in der Leber. Dies tritt bereits in jungem Alter auf. Die Steine können dann Komplikationen verursachen, was letztlich dazu führt, dass die Patienten einen Spezialisten aufsuchen. Ist es eine häufige Krankheit? Es handelt sich um eine Erkrankung, die erst kürzlich entdeckt wurde (Anfang der 2000er Jahre, mit einem großen Beitrag des Hepatologie-Teams des Saint-Antoine-Krankenhauses), daher fehlen uns noch epidemiologische Daten. Derzeit wird angenommen, dass ein Prozent aller Gallensteine mit LPAC assoziiert sind. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Zahl der Fälle unterschätzt wird. Es ist möglich, dass mit der Verbesserung des Wissens über diese Krankheit das LPAC-Syndrom in Zukunft häufiger diagnostiziert wird. Was sind die Merkmale von Patienten mit LPAC-Syndrom? Das LPAC-Syndrom betrifft vor allem junge, schlanke Frauen im Alter zwischen 25 und 35 Jahren, mit einer positiven Familiengeschichte von Gallensteinen. Das Vorhandensein von Übergewicht spricht nicht gegen die Diagnose von LPAC, macht die Diagnose jedoch weniger wahrscheinlich. Übergewicht ist allerdings ganz allgemein mit einem erhöhten Risiko von Gallensteinen assoziiert (Hypercholesterinämie). Eine positive Familiengeschichte hinsichtlich Steinleiden ist sehr häufig. Dies trifft aber auch generell auf Patienten mit Gallensteinen zu. Was sind die Symptome? Das LPAC-Syndrom manifestiert sich durch Schmerzen im Leberbereich. Intra- und extrahepatische Steine können viele Jahre lang asymptomatisch bleiben. Wenn Symptome auftreten, sind Schmerzen am häufigsten. Am häufigsten treten plötzlich einsetzende Schmerzen auf, die durch den Verzehr einer fetthaltigen Mahlzeit und/oder den Konsum von Alkohol ausgelöst werden können. Dabei dominiert ein Schmerz in der Leberregion (unter den rechten Rippen), dieser kann aber auch in die rechte Schulter ausstrahlen. In der Regel lässt der Schmerz innerhalb weniger Stunden nach. Das Auftreten anderer Symptome wie Gelbsucht, Fieber oder anhaltende Schmerzen über sechs Stunden hinaus können auf eine Komplikation im Zusammenhang mit Gallensteinen hinweisen und erfordern daher dringend eine weitere medizinische Abklärung. Wie wird das LPAC-Syndrom diagnostiziert? Die Diagnose basiert auf dem Auftreten von schmerzhaftem Steinleiden in jungem Alter (< 40 Jahre), der mangelnden Wirksamkeit der Gallenblasenentfernung und/oder einer Ultraschalluntersuchung in einem Referenzzentrum. Mindestens zwei der folgenden drei Kriterien sind erforderlich: • Beginn der Symptome (hauptsächlich Leberkoliken) vor dem 40. Lebensjahr;Wiederauftreten der Symptome nach Cholezystektomie (Entfernung der Gallenblase);Ultraschall der Leber in einem Expertenzentrum, der intrahepatische Steine mit dem typischen Ultraschallbefund eines „Kometenschweifs“ zeigt. Ein Screening hinsichtlich der ABCB4-Genmutation kann helfen die Diagnose zu sichern, allerdings findet sich diese Mutation nur in 30-50 Prozent der Fälle. Wie sind der klinische Verlauf und die Prognose bei LPAC-Syndrom? Ohne Behandlung kommt es in erster Linie zum Wiederauftreten von Schmerzen im Zusammenhang mit der Gallensteinbildung. Ferner setzt die Neubildung von Gallensteinen in der Leber und den Gallengängen Patienten dem Risiko aus, die oben aufgeführten Komplikationen zu entwickeln: Cholangitis, akute Pankreatitis, Cholezystitis. Eine Cholezystektomie, führt nicht zu einer klinischen Verbesserung und wird oft durchgeführt, weil nicht bekannt ist, dass ein LPAC-Syndrom vorliegt. Inwiefern ein Risiko besteht, Zirrhose oder Leberkrebs zu entwickeln, muss noch untersucht werden. In der Schwangerschaft existiert ein erhöhtes Risiko, an einer Schwangerschafts-Cholestase zu erkranken, welche typischerweise im 2.3. Trimester auftritt und häufig Patienten mit LPAC-Syndrom oder mit einer Mutation des ABCB4-Gens betrifft. Ob eine ABCB4-Mutation vorliegt oder nicht, scheint keinen Einfluss auf die Prognose zu haben. Wie sieht die Behandlung aus? Die Behandlung des LPAC-Syndroms basiert auf der täglichen Einnahme von Ursodeoxycholsäure (UDCA) in einer Dosis von 10 mg/kg Körpergewicht. Dieser Wirkstoff hilft bei der Ausscheidung von Phospholipiden in der Galle, stellt das Gleichgewicht in der Gallenzusammensetzung wieder her und verbessert so die Löslichkeit von Cholesterin. Ursodeoxycholsäure hat sowohl eine präventive Rolle, indem sie die Neubildung von Steinen verhindert, als auch eine heilende Rolle, indem sie es die Auflösung von bereits vorhandenen Steinen fördert. Diese Behandlung ist gut verträglich, äußerst effektiv und vermeidet eine Cholezystektomie, die leider häufig unnötigerweise durchgeführt wird. Die Behandlung ist schnell wirksam und lindert die Schmerzen innerhalb weniger Wochen, es dauert aber länger bis sich vorhandene Steine auflösen (innerhalb von Monaten oder sogar Jahren). Primäres Ziel ist es jedoch, die Symptome zu verbessern. Die Dauer der Behandlung ist nach wie vor nicht klar definiert, sollte aber lebenslang in Betracht gezogen werden. Es gibt keine Daten, die eine Prognoseverbesserung bzw. bessere Symptomkontrolle bei LPAC in Zusammenhang mit einer Diät zeigen, daher wird generell keine spezifische Diät empfohlen. Manche Patienten berichten jedoch, dass sie sich wohler zu fühlen, nachdem sie ihre Ernährung umgestellt haben. Wie wird mein Follow-up stattfinden? Eine gemeinsame Nachbeobachtung durch den behandelnden Arzt und den Gastroenterologen ist unerlässlich. Bisher gibt es keine Empfehlung für den Rhythmus und die Modalitäten der Nachbeobachtung dieser Krankheit. Dennoch erfordert das LPAC-Syndrom eine medizinische und insbesondere gastroenterologische Nachbeobachtung mindestens einmal im Jahr nach der Diagnose, um die Wirksamkeit und Toleranz der Behandlung zu bewerten. Eine regelmäßige Überwachung der Leberwerte ist sinnvoll, da insbesondere eine erhöhte GGT und alkalische Phosphatase auf das Vorhandensein von Steinen in den Gallengängen hindeuten können. Ferner muss bei jungen Frauen mit LPAC-Syndrom, die eine Schwangerschaft planen, eine gastroenterologische Überwachung erfolgen, da 50 Prozent der Patientinnen eine Schwangerschafts-Cholestase entwickeln, welche in rund zwei Dritteln der Fälle mit einer vorzeitigen Entbindung einhergeht. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Familienscreening. Wie ist das Risiko für meine Familie ebenfalls zu erkranken? Diese Krankheit ist nicht ansteckend. Aber der genetische Ursprung dieser Krankheit birgt das Risiko einer Übertragung auf die Nachkommen. Derzeit ist die Art der genetischen Übertragung (autosomal dominant oder rezessiv) und damit verbunden die genaue Höhe des Risikos nicht bekannt. Es ist auch wichtig zu betonen, dass es sich um eine Krankheit mit sogenannter „unvollständiger genetischer Penetranz“ handelt, das heißt zwei Patienten mit derselben genetischen Mutation haben nicht unbedingt das gleiche Krankheitsbild. Es ist daher möglich, das mutierte Gen zu übertragen, ohne dass das Kind die Krankheit entwickelt. Das LPAC-Syndrom erfordert kein pränatales Screening. Kann ich vom LPAC Syndrom geheilt werden? Das LPAC-Syndrom ist mit einer genetischen Mutation verbunden. Per Definition sind diese Mutationen lebenslang vorhanden. Daher wird LPAC den Patienten sein ganzes Leben lang begleiten. Das LPAC-Syndrom ist eine Krankheit mit ausgezeichneter Prognose. Die Behandlung ist wirksam und gut verträglich. Welche medizinische Forschung wird an dieser Krankheit durchgeführt? • Suche nach anderen Genen, die an der Pathophysiologie dieser Krankheit beteiligt sind. • Epidemiologische Studien, um die betroffenen Patienten besser zu charakterisieren und allgemein die Ärzteschaft auf diese Diagnose aufmerksam zu machen. Links zum Artikel auf der albi-Website